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Eine kleine Geschichte, oder: Was man zu Ostern alles finden kann.

ferdi_007
Goldmitglied
Zu Ostern dieses Jahres war ich, wie vielleicht viele, mit meiner Familie bei meinen Eltern auf dem Land. Soweit so normal. Allerdings gab es noch den 103ten Geburtstag meines Opas zu feiern, der sich kurz vor Ostern ereignete.
In einem solch biblischen Alter kann man schon mal etwas schwächeln und mein Opa entschied sich angesichts schwindender Kräfte und einer überstandenen Lungenentzündung, das selbständige Leben aufzugeben und zog auf eigenen Wunsch ins Altersheim. Zu mühsehlig wurden die alltäglichen Aufgaben.

Also war es zu den Osterfeiertagen an mir, meinem Vater und meinem Sohn (100 Jahre jünger als sein Uropa) in seiner bisherigen Wohnung etwas auszuräumen. Dabei fiel mir eine kleine schuhkartongroße Werkzeug Kiste in die Hand. Als Werkstatt ausreichend für den Bewohner einer 2-Zimmer-Neubauwohnung einer großen Stadt der ehemaligen DDR. Mein Opa selbst war kein großer Handwerker aber ein ordentlicher und sparsamer Mensch, der sich bis jetzt an jeder technischen Neuerung interessiert (schwierig so jemanden das IPhone zu erklären, aber ihn interessiert es nun mal).

In dieser Werkzeugkiste fand ich zwar keine Juwelen oder sonst etwas Wertvolles, aber kleine Sachen die durchaus einmal betrachtenswert sind und die ich euch vorstellen möchte.
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Auf dem Bild sieht man vier Dinge: Zuerst einmal Lob an die Sparsamkeit: Das Schleifpapier kommt nicht nur aus einem Anderen Jahrhundert, sonder auch noch aus einem untergegangenem Staat. Zu erkennen am EinheitsVerkaufsPreis für -,26 Mark (Ost).

Aus den anderen drei Dingen konnte ich mir keinen Reim machen:
Also ab zum Opa ins Heim im Restaurant ein Stück Schokotorte und ne Tasse Kaffee mich und den Opa und dann die Fundstücke auf den Tisch.
Die Anekdoten zu jedem der Gegenstände würden den Rahmen hier sprengen, deshalb die Kurzversion.

Das Werkzeug mit dem kleinen Haken diente zum Reparieren von Bettgestellen, die statt heutigen Lattenrosten eine Eisenfederkonstruktion unter den Matratzen hatten. Und wenn mal wieder die wilden Kinder (die sind heut auch schon in Rente) auf dem Bett tobten und eine Feder riss mußte man sie wieder einhängen und dazu das Geflecht kurz spannen. Dazu dient dieser kleine Haken. (Hinweis für Bosch: Selbst kleine gestanzte Werkzeuge hatten damals eine gewisse Formschönheit, wenn ich da an den billigen Schlüssel meiner PTS denke....)

Die kleine Kurbel mit einem Innenvierkant die wohl starken Belastungen ausgesetzt war, denn sie hatte sich leicht verbogen; stellte sich als Schlittschuhspanner heraus. Damals wurden Schlittschuhkonstruktionen über die normalen Staßenschuhe gespannt (wir reden hier von den zwanziger Jahren und die Straßenschuhe waren wohl etwas stabiler und hielten auch länger).

Am schönsten ist jedoch der Schlüssel mit dem Schwarzen Griff. Meine erste Vermutung es handle sich hierbei um einen Zünschlüßel stellte sich als richtig heraus. Allerdings sagte mir der Aufdruck gar nichts, er sieht so aus:

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Und sofort erzählte mir mein Opa ein kleines Stück deutsch-deutsche Geschichte:
Es handelt sich um den Zündschlüssel eines Motorades mit Beiwagen aus der Produktion von EMW (Eisenacher Motoren Werke) mit dem mein Opa die gesamte Familie (2 Erwachsene und 2 Kinder im Beiwagen) in die Wochenendfrische an den Baggersee oder ins Erzebirge kutschierte.
EMW; Eine Firma, die sowohl etwas mit dem Unternehmen BMW, als auch mit dem späteren Wartburg, bis hin zu Opel zu tun hat.
Wer sich damit mehr beschäftigen will darf es gern nachgoogeln.

Alles in Allem waren wir zwei Stunden ins Gespräch vertieft anhand drei kleiner Osterfundstücke, war ich nun ein Stück schlauer was (Familen-) Geschichte angeht.
Selten habe ich so einen schönen Ostersonntagnachmittag erlebt.

Liebe Opas dieser Welt erzählt euren Enkeln und Urenkeln, auch die kleinen Geschichten, denn dahinter steht manchmal mehr als man denkt. Und schmeißt nicht alles weg, nur weil man es gerade nicht braucht. Andere können damit eure Geschichte und Geschichten in den Händen halten.

Vielen Dank für das aufmerksame Lesen.
Und nachösterliche Grüße vom Ferdi
12 ANTWORTEN 12

Hobelfred
Alter Hase
Den Schlüssel für Schlittschuhe hatte mein Vater auch noch - schöne story

ferdi_007
Goldmitglied
Stromer:


mir auch so bekannt als Absatzreißer: https://www.ddr-museum.de/de/blog/2017/absatzreisser-aus-trusetal


Vielleicht hat sich der Opa im Jahrzehnt geirrt.

Maggy
Diamantmitglied
ferdi,
erstmal Glückwunsch zum Opa und daß du ihn noch so lange erleben darfst und er noch geistig fit ist. Möge es noch lange so bleiben.
Die gezeigten Gegenstände sind wirklich Geschichte. Ich kann mich noch dunkel erinnern, daß meine Mamma auch so einen Schlüssel hatte und sich damit Schlittschuhe an die Stiefel machte. Ich selbst hatte dann schon welche, die mit Riemen an die Schuhe gebunden wurden.
Die anderen Gegenstände, vor allem den für die Matratze finde ich richtig ulkig.
Schön, daß du uns das gezeigt hast.