Zu Deinen Gunsten will ich annehmen, dass die Müdigkeit, auf die Du verweist, bei Deinem Beitrag mitgeschrieben hat.
Du hast gar nicht verstanden, was ich zum Thema des Verhältnisses zwischen Vernunft und Moral geschrieben habe.
Selbstverständlich ist das modernen Naturrecht das höchste Rechtsgut, das wir besitzen, wiederzufinden in der UN-Charta, im GG, letztlich in allen Verfassungen moderner Rechtsstaaten. Wir können uns glücklich schätzen, Anteil zu haben an den Menschen- und Bürgerrechten.
Du könntest Dich aber einmal ernsthaft mit der Frage auseinandersetzen, auf welchen Fundamenten diese Rechte ruhen und in welchen Kämpfen sie entwickelt wurden. Und damit würdest Du auf genau die politischen Philosophen und Staatsrechtler stoßen, die ich oben genannt habe.
Deine Ausfälle gegenüber Lessing und Kant sind unangemessen und irrig, weil Du ihre Zeitgebundenheit ignorierst. Das ist so, als wolltest Du Bibel und Koran heute wortwörtlich nehmen und deren Inhalte eins zu eins auf heute übertragen und anwenden.
Selbstverständlich wurden die Gedanken der benannten Philosophen - die Liste ist natürlich unvollständig -weiterentwickelt, und zwar entlang der Zeitachse. Und so entwickelten sich dann die heutigen, modernen Menschenrechte.
Was Du auch nicht verstanden hast, ist die Grundlage der Toleranz, so wie ich sie ausführte. Du reduzierst meine zugegeben knappen Ausführungen zur Erkenntnisproblematik auf ein geographisches Problem. Das ist nun wirklich, und ich muss mich hier jetzt einmal Deines Sprachstils bedienen, kapitaler Unfug.
Zum Verständnis:
1. Es steht außer jeder Frage, dass alle Menschen gleich sind, unabhängig von allen Gegebenheiten, die man irgend anführen könnte.
2. Ich muss den anderen Menschen nicht persönlich kennen, um seine Gleichwertigkeit zu sehen.
3. Ich muss nicht die Kultur des anderen Menschen kennen, um seine Seinsweise zu tolerieren.
In diesen Punkten sind wir uns einig.
Eines ist aber auch klar, nämlich dass das Postulat der Gleichheit aller Menschen inhaltlich leer und folgenlos bleibt, wenn es kein erkanntes Gegenüber gibt.
Mit anderen Worten: Erst dann, wenn ich eines Gegenübers gegenwärtig bin, wird das Postulat zum Gesetz.
Ein Beispiel: Der große George Washington war Sklavenhalter, beutete Mann und Frau aus. Heute würden viele sagen "schamlos" und "Wie kann ein guter Christ nur solche Sachen ..."
Doch kann man ihm sein Verhalten - als Kind seiner Zeit - wirklich vorwerfen?
Ich meine, der bessere Weg ist es zu verstehen, wo die Grenzen seiner Erkenntnisfähigkeit lagen. Solange das Menschsein des anderen gar nicht erfasst wird, solange wird man sich ihm gegenüber verhalten, wie die herrschende Moral es eben zulässt und durchaus mit sich im Reinen sein.
Erst als die Philosophen der Aufklärung nach und nach die Grenzen, wer als Mensch zu gelten habe, immer weiter hinaus schoben, schließlich die Gleichheit universell setzten, waren die heutigen Menschenrechte geboren.
Rainer, kein Mensch will Dir Dein lutherisches "Hier stehe ich und kann nicht anders." nehmen, ich schon gar nicht. Wenn Du aber eine Diskussion, man sollte vielleicht besser sagen, ein Gespräch, nicht weiter führen willst, fände ich es schade.
Ich bin eben der Meinung, dass nicht das Fundamentale überdauern wird, sondern dessen Wandel. Und insofern sollten wir uns doch alle in einem steten Lernprozess befinden.
Wenn ich annähme, dass das, was ich heute im Brustton der Überzeugung verkünde, weiß, für richtig halte, auch morgen und übermorgen für mich gälte, wäre ich geistig tot.
Dies gilt übrigens auch für die sachgerechte Einstellung einer Bandsäge ( da brauche ich dringend ein paar Ratschläge), für die Anfertigung von Pocketholes (habe ich noch nie gemacht) und für die Suche nach der ultimativen Schleifmaschine (T4 oder T8?) ...