Ich möchte mal etwas Systematik hier rein bringen...es ging um eine
Anfängermaschine - da ist der Hinweis auf eine Bernina einfach falsch am Platz. Ein Fahranfänger kriegt auch kein E-Klasse Mercedes, sondern fährt die ersten Beulen in einen Polo. Als Anfänger will man ja erst einmal schauen ob einem das auch Spaß macht. Also soll der Preis im unteren Bereich liegen.
So - nun zur Systematik:
1. Bauart: es gibt bei elektrischen Nähmaschinen 2 Varianten -
mechanische und
elektronische. Die billigen beim Discounter und sonst wo sind immer rein mechanisch. Da werden also Zahnräder und Stangen verstellt. Leider sind heute halt die meisten Zahnräder aus Plastik und nicht mehr aus Metall wie früher. Macht´s billiger und leiser, aber weniger haltbar.
2. Stofftransport: alle Maschinen haben einen Untertransport - das sind die Zackenelemente unter der Nadel die den Stoff bewegen. Dann gibt es Maschinen die haben zusätzlich einen Obertransport z.B. teure Pfaff (heißt da IDT) oder Industriemaschinen - der hilft z.B. beim Patchworken, Jersey etc. da der Stoff sich nicht gegeneinander verschiebt, sondern beide Lagen transportiert werden. Dann gibt es noch eine 3. Variante die hat zusätzlich noch einen Nadeltransport - die Nadel zieht also auch noch mit. Diese werden hauptsächlich in Industriemaschinen für Planen und Leder eingesetzt. Ein Untertransport langt für die meisten Arbeiten, wer aber Patchworked oder viel Jersey oder Dessous näht, sollte zur Pfaff mit IDT greifen. Man spricht als von einem Zweifach- oder Dreifach-Transport, falls vorhanden.
3. Markenmaschinen gibt es kaum noch. Die alten Namen suggerieren Qualität, aber die Maschinen kommen trotzdem aus China oder anderswo. Auch Bernina produziert nicht nur in der Schweiz, sondern auch in Thailand. Wichtig ist, daß man einen Ansprechpartner in Deutschland hat. Ich möchte da mal w6-naehmaschinen.de empfehlen. Die vertreiben ein Teil der früheren Privileg Maschinen - meine Privileg Super Nutzstich wurde z.B. dort unter dem Namen N1800 weitergeführt. Die haben für jede Maschine ein Video auf YouTube, wo genau erklärt wird was die Maschine kann.
4. Eigenschaften - wer viel und gut näht, freut sich an diversen Programmen und greift sicher zur Elektronischen. Aber für ein Anfänger langt der Geradstich und der ZickZackStich, dazu ein Knopfloch und Reißverschlussfuß - basta. Ein Nadeleinfädler ist für schlechter Sehende eine Offenbarung und die Funktion Nadel oben/unten macht einfach Spaß. Aber die ganzen Zierstiche und 9 verschiedene Knopflöcher benutzt wahrscheinlich kein Mensch. Schön sind auch die liegenden Spulen, da muß man den Unterfaden nicht mehr hochholen - oder ein Fadenabschneider oder ein automatisches Vernähen. Ja, nice to have....aber geht auch alles ohne. Ein Punkt ist noch zu beachten, wer große Stoffmengen hat wie z.B. bei großen Gardinen, bei Markisen, Zelten oder bei Patchworkdecken muß auf den Durchlass der Maschine achten. Das ist der Raum unter dem Arm. Es gibt spezielle Maschinen zum Patchworken/Quilten die eben einen langen Arm haben. Für Markisen etc. empfehlen sich dann doch die Industriemaschinen, (Juki, Brother etc.) da größer und robuster.
5. Empfehlung: Wer sparen muß, kauft sich zuerst mal eine Mechanische für ca. 150,- € z.B. W6. Wer schon ein bisschen mehr ausgeben kann, nimmt eine elektronische ab ca. 250,- € die Marke ist da nicht so wichtig. Wer Patchworken will oder wer einfach mehr Qualität will und Geld hat greift zu Pfaff Quilt Ambition 2.0, Bernina oder anderen.
6. Gebrauchtmaschinen: Für ein Anfänger nicht zu empfehlen, es sei den vom Fachhändler mit Einweisung. Maschinen von Ebay etc. sind in der Regel nicht gewartet, richtig eingestellt oder komplett. Wenn dann die Fadenspannung etc. nicht richtig funktioniert kriegt man ganz schnell schlechte Laune. Außerdem wollen die Leute für die alten Maschinen meistens zu viel Geld. I.d.R. gibt es neue Maschinen zum fast gleichen Preis.
Meine Maschinen:Privileg Supernutzstich /W6-N1800 näht sehr zufriedenstellend Stofftaschen, Kissen, leichte Gardinen und repariert alle Kleidungsstücke. Hat halt kein Luxus, aber gute Anfängermaschine. Immer daran denken: das Handrad ist Euer bester Freund
😉 wenn es zu dick wird - per Handrad geht es meistens weiter über die dicke (Jeans-) Naht!
Brother Industriemaschine DB2 mit Obertransport und Kederfüße - näht Leder bis ca. 4 mm Dicke mehrlagig, Gardinen, Planen, Markisen, Kissen mit Keder und Autositze mit Keder. Elektronikmotor zur besseren Kontrolle eingebaut. Kederfüße in USA gekauft, da in D nicht erhältlich.
Dürkopp-Klasse 17 Schusternähmaschine rein manuell, ca. 100 Jahre alt - näht dickstes Leder, schön langsam Stich für Stich, ideal für Rundungen und verzwickte Stellen. Von mir komplett zerlegt, gereinigt, gefettet und wieder zusammen gebaut. Schnurrt wie ein Kätzchen...die Bilder zeigen den vorher und nachher Status. Hab natürlich auch das passende Untergestell auf dem die Maschine steht. Riemen und Gummirolle wurden erneuert.
Nachbetrachtung: Früher haben die Frauen Kleider für die ganze Familie auf einer mechanischen Singer oder Adler genäht. Was die konnten? Meistens nur Geradstich - sonst nix. Also nicht von der Technikseuche anstecken lassen. Schöne Dinge entstehen im Kopf und mit Deinen Händen - das geht (meistens) auch mit einer Maschine für 100,- € !