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Vom Schlitzschraubenzieher zum ADH

Gelöschter Benutzer
Ehemaliges Mitglied
oder: Der Weg vom Das-kann-ich-nicht zum Das-macht-Spaß

Teil 1

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1986

Umzug zum Studienort und damit der erste eigene Haushalt. Teil meines Fachhochschulstudiums war damals noch ein Jahrespraktikum an einem anderen Ort, mindestens zwei weitere Umzüge waren absehbar. Also bekam ich aus elterlichen Beständen eine Grundausstattung Werkzeug mit. Bestehend aus Schlitzschraubenzieher, Hammer, Zange und einer von Vaters Tabaksdosen mit Nägeln und Schrauben. „Sowas muss man im Haus haben.“

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Mit dieser Grundausstattung (später erweitert um einen Kreuzschraubenzieher) bin ich etwa 20 Jahre ausgekommen, schließlich ging es nur darum, bei den Umzügen Möbel auseinander- und zusammenzuschrauben und Bilder auf- und abzuhängen. Besonders viel Spaß hat das nicht gemacht. Schrauben rein drehen war anstrengend, und der Schlitzschraubenzieher rutschte ständig von den Schraubenköpfen runter. No fun at all. Das Ausmaß meiner handwerklichen Fähigkeiten beschränkte sich damals ausschließlich auf Sockenstricken.



2006

Nach zwanzig Jahren computergebundener Berufstätigkeit und Wohnungsleben wuchs der Wunsch nach einem eigenen Nest. Ich glaube, sagte mein Kopf eines Nachts, ich glaube ich wünsche mir ein kleines Haus, einen kleinen Garten und eine kleine Katze.

Ergebnis: Ein kleines Reihenhaus, ein kleiner Handtuchgarten, und zwei große moppelige Britisch-Kurzhaar-Katzen.

Und: Ein Keller.

Das Haus ist Baujahr 1960 und wurde bis dahin von einem älteren Ehepaar bewohnt. Den Erzählungen der Nachbarschaft nach war der Herr wohl ein bisschen „schwierig“, aber: er hatte einen Werkraum im Keller. Naja, dachte ich bei der Erstbesichtigung, als ich den rohen, selbst gezimmerten und fest an die Wand genagelten Werktisch mit aufgenageltem PVC-Rest (Arbeitshöhe ein Meter zehn) und dito Holzregal sah, da kann ich gut ein paar Sachen abstellen.

Und so war der Kellerraum erstmal wirklich nur eine Abstellgelegenheit für Teppichreste und Kartons. Meine altehrwürdige Werkzeuggrundausstattung passte locker ich eine Schublade der 60er-Jahre-Anrichte, die ebenfalls im Werkraum ihr Dasein fristete.

Das Haus war dann der Grund für mein erstes selbst gekauftes Werkzeug. Die Wände sind aus Fertigbeton. Beim Einzug wurde klar, dass man hier nicht einfach einen Nagel in die Wand schlagen und ein Bild dranhängen kann. Hier muss man bohren. Immer. Für alles.

Ich ging also in den örtlichen Baumarkt, wandte mich schüchtern an einen Verkäufer und sagte „Ich brauche eine Bohrmaschine“, und kam mir dabei vor als würde ich etwas völlig absurdes und abgehobenes kaufen wollen, beispielsweise einen Traktor. Der Verkäufer sagte, ich bräuchte eine Schlagbohrmaschine, und stellte mir etwas Grünes vor:

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Schafft die Beton?“ fragte ich besorgt. „Die schafft alles“, war die Antwort.

Ich hatte noch nie in meinem Leben eine Bohrmaschine bedient und hatte Herzklopfen bis zum Hals, als ich sie das erste mal an einer der Betonwände ansetzte, um ein Regal aufzuhängen.

Beginn des Heimwerker-Lernprozesses.

Lektion 1: Löcher für große Dübel gerne erstmal klein vorbohren. Der 8er Bohrer verrutscht schnell beim Ansetzen, vor allem wenn man klein ist und keine Kraft in den Armen hat.

Lektion 2: Für grade Löcher muss man den Bohrer grade halten (Logik ging bei mir immer schon nur mit Vorschlaghammer).

Lektion 3: Staubsauger benutzen!

Lektion 4: Das nächste mal lieber Kreuzschlitzschrauben nehmen. Schlitzschrauben sind heute noch genau so nervig wie vor zwanzig Jahren.

Lektion 5 hat mir erst viele Jahre später irgendein Blogartikel erteilt: Bei Bröckelgefahr erst ohne Schlag ansetzen und die ersten Millimeter bohren, erst danach den Schlag zuschalten. Wenn ich das vorher gewusst hätte, wären mir einige rausgebrochene Putz/Beton-Brocken und die entsprechenden hässlichen Löcher in den Wänden erspart geblieben.

Auf der Suche nach der richtigen Säge, Teil 1: Die Stichsäge

Ich hatte mir irgendwann eine Stichsäge gekauft, eine billige kleine 400-Watt-Säge von Black&Decker, sollte ja wohl reichen für meine bescheidenen Ansprüche. Dass man damit keine wirklich graden Schnitte in dickerem Holz hinbekommen kann, ist mir aber relativ bald klar geworden. Es gab eine einzige Rastung, nämlich für 45-Grad-Schnitte, aber es erwies sich, dass es sich da höchstens um einen Näherungswert handelte. Exakte 45 Grad waren mit der Rastung nicht möglich. Schade. Naja, ich werd eh' nur selten eine Säge brauchen.
90 ANTWORTEN 90

Wolfgang111
Goldmitglied
Ich weiß nicht warum, aber ich breche regelmäßig in Lachorgien aus bei deinen Texten. Fürs nächste Mal einen kleinen Tipp: nimm ein längeres Brett bzw Kantholz und fräs als erstes die Nut aus. Das hilft dir das Du immer auf gleicher Höhe bleibst. Dann sägen und zum Schluss die Gehrung anfertigen. Das Holz sollte mindestens doppelt so lang sein wie Du es benötigst. Lieber ein wenig Verschnitt als das das Werkstück immer kürzer wird.

mit
Silbermitglied
Ich lese hier von Anfang an mit und warte mittlerweile immer schon darauf, wie es weitergeht. Dein Schreibstil ist nicht nur informativ, sondern auch extrem unterhaltsam. Dein Werdegang ist ein super Beispiel dafür, wie man sich auch dann richtig schlau machen kann, wenn man nicht in ein " Handwerkerumfeld " reingeboren wurde.
Nur weiter so!emoticon.smilie_like.title

Janinez
Diamantmitglied
das Kästchen ist aber sehr hübsch geworden

Gelöschter Benutzer
Ehemaliges Mitglied
Teil 24
August 2020: Kästchen #03 – Fretwork


Beim Scrollen auf der Homepage von „Feinschnitt kreativ“ war ich schon vor einiger Zeit über eine Fretwork-Stiftebox gestolpert, in die ich mich spontan verliebt hatte. Leider war das Heft bereits vergriffen und auch antiquarisch nicht mehr zu bekommen, und ich wusste anfangs nicht, wie ich an die Sägevorlage herankommen sollte. Aber immerhin fand ich den Namen der Künstlerin heraus, die die Box entworfen und hergestellt hatte: Sue Mey. Und siehe da: auf ihrer Homepage kann man ihre Vorlagen kaufen.

Kauf und Download der Vorlage war kein Problem. Es gibt eine kompakte Arbeitsbeschreibung und natürlich die Vorlage selbst. Erste Bedenken stellten sich ein: War das nicht doch ein bisschen ambitioniert für meine überschaubaren Anfängersägenochtnichtsoganzkünste? So viele kleine Innenschnitte?
Ach was. Irgendwo muss Erfahrung ja herkommen, also fang ich einfach mal damit an und schraub halt meine Erwartungen an das Endergebnis vorab schonmal ein gutes Stück runter.

Frage 1: Übernehme ich die Maße?
Antwort: Vielleicht skaliere ich Vorlage vorsichtshalber mal ein bisschen hoch, dann sind die Innenschnitte nicht ganz so filigran, das sollte es zumindest ein kleines bisschen einfacher machen.

Frage 2: Was für ein Material nehme ich?
Antwort: Ahorn! Ahorn! Ich will Ahorn! Ich find Ahorn so toll! Ahorn! Ich hab da doch diesen schönen Block Muschelahorn!
Einspruch aus der Common-Sense-Ecke, kindly sponsored by Hinterkopf: Ganz sicher? Das Fretwork allein ist doch schon ein ziemlicher Hingucker, und die schöne Holzstruktur geht doch beim Fretwork zum großen Teil verloren. Wär das nicht schade drum?
Einsicht: Oh – ja schon. Stimmt. Dann kauf ich halt eine Kantel normalen Ahorn und schneide die dann auf.

Frage 3: Übernehme ich die Konstruktion?
Antwort: Jein. Die Anleitung sieht stumpfe Verleimung vor, mir würde es aber besser gefallen wenn das sichtbare Hirnholz der Seitenteile nicht so dick ist wie das Material, ich möchte die Eckverbindung daher lieber falzen. Und den Boden will ich auch nicht einfach nur komplett verdeckt einleimen, und den lose aufliegenden Deckel auch nicht komplett im Kästchenkörper verschwinden lassen, also werde ich beides in Fälze einlegen, so dass Deckel und Boden ein paar Millimeter heraus stehen. Hauptsächlich weil ich intern bezweifle dass ich das mit dem kompletten Einpassen sauber hinkriege, aber offiziell natürlich nur deswegen, weil meiner Ansicht nach dieser Aufbau dem Kästchen eine zarte Leichtigkeit verleiht (schnösliger Designer-Unteron Ende).

Ich bemühte also die große Bandsäge mit dem 20-mm-Sägeblatt, justierte den Längsanschlag und den Sägetisch so genau wie ich das halt kann, schloss den Staubsauger an (inklusive Schlauch, man ist ja lernfähig) und sägte die zuvor abgerichtete Ahornkantel in fünf je 1cm starke Brettchen auf, die anschließend noch durch den Dickenhobel geschickt wurden. Danach fiel mir dann erst auf, dass die gehobelten Flächen deutliche „Striemen“ aufwiesen. Offenbar muss ich die Hobelmesser mal ersetzen – oh juhu, das wird bestimmt ein riesiger Spaß. NICHT.

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Ich hatte zu diesem Zeitpunkt nur Lust auf das Kästchen und nicht auf eine längere Auseinandersetzung mit dem Hobel, also beließ ich die Striemen wo sie waren und machte eine mentale Notiz, dass am Ende größere Schleifarbeiten nötig sein würden als ursprünglich geplant, entschied aber dass dies das geringere Übel sei.

Ich legte zwei Brettchen die das gleiche Muster bekommen würden übereinander, vergrößerte die Sägevorlage (oh, durch das Abrichten ist die Kantel ja etwas kleiner geworden, das wird jetzt alles ein bisschen knapp), umwickelte die Brettchen mit Malerkrepp, klebte mit Klebstift die Sägevorlage drauf und umwickelte den Stapel dann mit durchsichtigem Klebeband. Dann auf zum Bohrständer, um für jeden der gefühlten 200 Innenschnitte ein Bohrloch zu setzen. Hegner auf die Werkbank setzen, mit Leisten und Spannelementen möglichst fest auf der Werkbank verankern, Lupenlampe nach vorn ziehen, Sägeblatt einspannen, los geht’s.

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Natürlich war meine Sägearbeit noch vergleichsweise ungeübt und ungeschickt, und ich wechselte nach kurzer Zeit auch vom Hegner-Sägeblatt auf ein Pégas-Blatt mit Gegenzahn. Außerdem war die Befestigung der Maschine auf der Werkbank zwar ganz gut aber nicht optimal, und ich hatte öfters Schwierigkeiten alles richtig zu erkennen. Im Großen und Ganzen klappte es ganz gut, aber diese kleinen Innenschnitte waren wie schon befürchtet etwas schwierig, und ich bekam häufig keine glatte Linienführung hin. Das Ergebnis war dementsprechend „naja“, und es war klar dass ich die Innenschnitte komplett würde nachschleifen müssen.

Das war eine mühsame und langwierige Arbeit, die weder mein Rücken noch meine Augen noch mein Handgelenk irgendwie erstrebenswert fanden. Ich verbrachte sicherlich ein paar Stunden damit, mit dünnsten Schleifpapierstreifen die Hubbel, Ecken und Kanten der Schnittflächen soweit es ging zu glätten. Das Ergebnis rutschte von „naja“ anderhalb Stufen höher auf die Ebene „ganz okay“.

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Danach schob ich alle zu fälzenden Teile vorsichtig über den Frästisch und merkte ganz schnell, dass das Fräsen von kleinen Teilen sehr viel schwieriger ist als mal eben eine Regalseite zu fälzen. Ich baute rasch einen neuen Vorsatz für den Anschlag, mit einer möglichst kleinen Öffnung, und nutzte beide Andruckfedern, und trotzdem hat es mir ein paar mal das Werkstück fast aus der Hand gehauen. Es gab zum Glück nur kleine Schäden und keinen Totalverlust, aber irgendwann muss ich mir für die Kleinteilbearbeitung mal was überlegen.

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Nun ging's ans Schleifen der Oberflächen. Hier tat mir mein Billig-Bandschleifer mit seinen inzwischen 6 Schleifblättern verschiedener Körnung gute Dienste. Kopfüber auf den Bohrständer montiert, Staubsauger angeschlossen, auch den Schlauch (man ist ja lernfähig), ein Stündchen schleifen – fertig. Zwei lange Seitenteile, zwei kurze Seitenteile, ein Deckel, ein Boden, ein Griff, alles schön seidig glatt. Sieht doch ganz gut aus.

Danach erst tauchte mit reichlich Verspätung eine weitere Frage auf, die offenbar wegen Stau auf der A3 erst jetzt im Raum stand:

Frage 4: Welche Oberflächenbehandlung?
Antwort: Öl natürlich – wieso?
Kritische Rückfrage: Bei Öl muss man doch nach dem Ölen den Überstand abnehmen – kannst du mir mal sagen wie du das bei den ganzen Innenschnitten machen willst?
Antwort: Ömm …

Da wusste ich dann erstmal nicht weiter. Öl ging ja offenbar nicht wegen der vielen Innenkanten, die ich unmöglich abwischen konnte. Wachs hätte ich nicht in die kleinen Öffnungen hineinwischen können. Ich stellte die Frage ins Dekupiersägeforum und erfuhr, dass die meisten doch Öl nahmen, wahlweise gepinselt oder komplett getaucht, und den Überstand dann mit Pressluft ausbliesen. Ich hab aber keinen Kompressor und keine Druckluft in der Werkstatt. Was tun?

Ich klebte sämtliche Leimflächen mit PVC-Band-Streifchen ab, füllte das Grabbelfach einer alten Kunststoff-Kleinteilaufbewahrung mit Wasserlack, tauchte die Teile einzeln hinein und ließ sie dann auf schraubenbewehrten Holzleisten mit reichlich untergelegter Pappe abtropfen. Das müsste doch funktionieren.
Mein Verhältnis zu Radio Eriwan ist ein gutes und langjähriges. Also: Im Prinzip ja. Aber an den Unterseiten bilden sich dann halt Nasen, und aus den ganz kleinen Bohrungen und Innenschnitten läuft der Lack auch gerne nicht ganz raus sondern bildet kleine Pfropfen.

Nochmal Innenschnitte nacharbeiten. Na super.

Das Ergebnis ist „soso-lala“. Allzu genau darf da keiner hinschauen. Aber blicken wir einfach mal nach vorne: Da wartet der Zusammenbau auf uns. Irre ich mich, oder grinst er fies …?

Ich wollte die Verleimung diesmal vorausschauend und mit Bedacht angehen. Will ich eigentlich immer. Keine Ahnung was immer dazwischenkommt. Ich machte also einen Trockenversuch mit dem Ziel, Zahl und Anordnung der Schraubzwingen schon vorab festzulegen. Hier zusammendrücken, da zusammendrücken, hier oben auch, Leim an alle Fälze – ach nee, vielleicht erstmal nur die Seitenteile verleimen, mit lose eingelegtem Boden und Deckel, und den Boden erst danach verleimen, dann kommen sich die Zwingen nicht so in die Quere. Okay.
Warum ich dann doch alle Verbindungsfälze mit Leim bestrichen habe, auch den Bodenfalz, kann ich wirklich nicht erklären. Ich verzwingte die Seitenteile mit eingelegtem Boden zu meiner Zufriedenheit – der Boden muss ja nicht gerade im Falz sitzen, der wird ja später erst verleimt und soll im Moment nur für die richtige Ausrichtung der Seitenteile sorgen. Nach etwa 2 Stunden nahm ich die Zwingen ab und wollte den Boden rausnehmen. Geht nicht? Komisch. Ist da irgendwie Leim in den Fa … f*+-''.-*~ck!

Schimpfen und Haareraufen blieb zwecklos. Dann ist der Boden halt jetzt ein bisschen schief drin. Sooo doll fällt's ja vielleicht nicht auf.

So steht das Kästchen nun also neben dem Gestockte-Buche-mit-Schiebedeckel-Kästchen und sieht eigentlich ganz hübsch aus. Man darf halt nur nicht zu nah ran gehen.

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3radfahrer
Diamantmitglied
Herzlichen Dank das ich wieder an deinen Handwerkskünsten teilnehmen durfte. emoticon.smilie_like.title

Baltus
Jungspund
interessante Geschichte mit allen auf und abs

thelittleDevil
Goldmitglied
Hoi, schönes Kästchen. Recht aufwendig! Coole Sache.

Gelöschter Benutzer
Ehemaliges Mitglied
Teil 25
September 2020: Kästchen #04a und #04b oder wie man DVD-Boxen verpackt

Eine liebe Kollegin hatte Geburtstag und sollte mit zwei DVD-Boxen beschenkt werden. Ich hatte schon öfter überlegt, Geschenke nicht mehr in Geschenkpapier zu verpacken, das ja doch meistens direkt nach dem Auspacken im Müll landet, sondern in wiederverwendbare Verpackungen. Dieser Geburtstag war ein wunderbar passender Anlass, denn die Kollegin ist ein begeisterter Serienjunkie und wünscht sich eigentlich zu jedem Anlass DVDs, und die haben ja doch immer mehr oder weniger das gleiche Format. Wie wäre es, ein Kästchen für DVD-Boxen zu bauen, das eine austauschbare Komponente hat, die je nach Anlass unterschiedlich verziert sein kann? Zum Beispiel einen Schiebedeckel, der zum Geburtstag mit dekupiergesägter Geburtstagsdeko geschmückt wird, und für Weihnachten könnte man dann einfach einen neuen Schiebedeckel mit Weihnachtsmotiven bauen. Nachhaltiges Schenken.

Ich griff ins Holzlagerregal und holte ein Palettenbrett heraus.

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Eine Box aus der vollen Dicke des Brettes zu machen erschien mir zu klobig, also schob ich das Brett zunächst beidseitig durch den Dickenhobel und dann zum Auftrennen durch die große Bandsäge mit dem breiten Band. Anschließend brauchten beide Teile wegen der Bandsägespuren noch eine Runde im Dickenhobel, aber nun waren sie für einen normalen Durchgang schon zu dünn – der Dickenhobel hat ja eine Mindestanforderung an die Dicke der Werkstücke, und der Tisch lässt sich aus Sicherheitsgründen nur bis auf einen bestimmten Abstand ans Hobelmesser anheben. Um die beiden Teile trotzdem hobeln zu können schraubte ich aus einem passenden Stück Siebdruckplatte (glatte Seite nach oben) und einem kleinen Stück Restholz als Anschlag für den Dickentisch ein Jig zusammen, das ich auf den Dickentisch legte und so die nötige Höhe erhielt, um die beiden schmalen Teile doch durch die Dickte zu bekommen.

Ich hatte mich immernoch nicht aufraffen können, die Hobelmesser zu tauschen, und hatte dementsprechend wieder ein Hobelbild mit Hubbel, aber der war rasch niedergeschliffen. Ich schnitt aus den beiden dünnen Brettern die Seitenteile für zwei Kästchen zurecht, die hoch genug sein würden um die übliche Standard-Serien-Box aufnehmen zu können. Die Seitenteile nutete ich oben und unten auf dem Frästisch mit einem 4-Millimeter-Scheibennutfräser ein und gab mir Mühe, die Nuten via Einsatzfräsung noch vor dem Rand der Teile beginnen und enden zu lassen, nur der Schiebedeckel brauchte nach vorne durchgehende Nuten. Hat leider nur teilweise geklappt.

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Anschließend schnitt ich aus ebenfalls 4 Millimeter dünnem Pappelsperrholz die Böden und die etwas größeren Deckel und schob alle diese Teile zum Abplatten der Ränder über den Frästisch, damit Böden und Deckel in den Nuten ausreichend Spiel hatten. Ich verleimte die Seitenteile beider Boxen einfach stumpf miteinander, ließ die Böden aber nur lose in ihrer Nut liegen.

Für die beiden Deckel überlegte ich mir zwei passende Motive – einen Namenszug (Wordpad lieferte eine schöne Schriftvorlage) und eine Geburtstagstorte (in kompletter Ermangelung künstlerischen Talentes einfach aus dem Internet ausgedruckt). Auf Vorlagenpapier gedruckt und auf die Deckel geklebt, Löcher zum einfädeln gebohrt, und auf geht’s Richtung Hegner.

Lektion 1: Ich glaube es reicht doch nicht, die Dekupiersäge einfach nur mit den Festool-Spannelementen auf der Werkbank festzuspannen, es vibriert doch noch ziemlich. Nach einigen Versuchen scheint es im Moment am besten, die Säge auf einen Rest von 4 cm dickem Leimholz zu schrauben und diesen dann mit Hebelzwingen von unten an der Werkbank festzuzwingen. Weniger Vibrationen.

Lektion 2: Beim Kauf der Hegner hatte ich mich gegen eine Drehzahlregelung entschieden – hatte ich ja bei der Proxxon vorher auch nicht, wofür soll die gut sein? Beim Sägen des dünnen Sperrholzes ging mir erst jetzt langsam auf, dass eine reduzierte Drehzahl bei so dünnem Material sicherlich hilfreich gewesen wäre. Man muss schon sehr achtgeben dass einem der Schnitt nicht abhaut. Dennoch bereue ich es nicht, das Modell ohne Drehzahl gewählt zu haben, weil ich froh bin das Fußpedal zum aus- und einschalten der Maschine nutzen zu können, und bei drehzahlgeregelten Maschinen kann das Pedal offenbar ausschließlich zur Drehzahlregelung genutzt werden. Ich erschreck mich jedes mal wenn das Sägeblatt reißt, und brauch dann einfach nur das Pedal loszulassen anstatt hektisch nach dem Schalter zu suchen, dessen Betätigung meinem Handgelenk eh' schwer fällt. Ich muss bei dünnem Material halt sehr darauf achten, den Vorschub gering zu halten.

Ich leimte an die Vorderseite der Schiebedeckel schmale Sperrholzreste als Griff und lackierte alles in weiß und rot. Die Kästchen sehen ganz nett aus und erfüllen ihren Zweck, ich bin relativ zufrieden.

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Irgendwann hab ich mich dann doch aufgerafft und habe mit reichlich Hilfestellung von Guido Henn und einigen YT-Videos die Hobelmesser ausgetauscht und so gut es ging eingestellt. So schwierig wie befürchtet war es dann gar nicht. Als erstes schob ich ein wettergegerbtes Stück Leimholz durch die neu bemesserte Dickte, das die Grundlage für ein wenig Weihnachtsdeko bilden sollte. Irgendwann gab es einen kleinen Knall, und es flogen viele kleine Reste eines Astansatzes durch die Gegend. Und schon hat das Hobelbild wieder einen ersten Hubbel. Kitsch im Messer. Och Mensch ...

3radfahrer
Diamantmitglied
Tolle Idee, deine nachhaltige Box. emoticon.smilie_like.title

Gelöschter Benutzer
Ehemaliges Mitglied
Teil 26
Oktober/November 2020: Vogelfutterhaus, Torquay Style


Früher, als man noch in Urlaub fahren konnte (die Älteren unter uns werden sich noch erinnern) war ich hin und wieder ein paar Tage unterwegs gewesen und hatte zum Glück eine liebenswürdige Kollegin, die sich bereit erklärte, in dieser Zeit Haus und Kater zu hüten. Ich wollte mich gerne irgendwie revanchieren und fragte, ob ich ihr vielleicht irgendwas für den Balkon basteln könne? Ein Höckerchen vielleicht? Oder ein Futterhaus? Nun ist die Kollegin ein großer John-Cleese-Fan, sie frug also, ob ich ihr vielleicht ein Futterhäuschen machen könnte das aussieht wie das Hotel „Fawlty Towers“, das 2 Serienstaffeln lang von Basil Fawlty (Cleese) und einer kleinen Rige englischer Comedy-Charaktere im Badeort Torquay betrieben wurde.

Ich versuch's mal, antwortete ich optimistisch. Eine Häuserfassade nachzubauen wäre ja mal was Neues für mich, aber das müsste doch machbar sein. Ich googelte also „Fawlty Towers“ - und verlor einen Teil meines Optimismus. Die weiße Fassade mit den schwarzen Akzenten ist ja hübsch und machbar, aber: das Haus hat Bow Windows. Erkerfenster. Zwei über beide Etagen durchgehende Erker rechts und links der Haustür, jeweils ein halbes Sechseck, mit Fenstern drin.

Ich bin bei Gehrungsschnitten etwa genauso talentiert wie bei Topfscharnierjigs, sprich überhaupt nicht. Die Kombination aus mathematischem Unverstand meinerseits und problematischer Einstellungsgenauigkeit sägeseits führte bisher nur zu unbefriedigenden Gehrungsergebnissen. Nichtsdestotrotz wäre die ganze Sache eine interessante Herausforderung, also ging ich das Projekt an.

Ich begann mit einem groben Sketchup-Entwurf, mehr um mir überhaupt über das Projekt klar zu werden denn als wirkliche Arbeitsgrundlage. Mit einem bemaßten Sketchup-Ausdruck der Fassade in der Hand und einer ungefähren Vorstellung der Gesamtkonstruktion im Kopf stieg ich in den Keller und warf einen Blick auf den Stapel mit den Palettenbrettern. Ich nahm ein paar von den schmaleren, ließ sie vom ADH aufhübschen und glätten, und verarbeitete sie zu zwei Leimholzplatten für Vorder- und Hinterfront, und die Reste reichten noch für ein paar Leisten für die Seitenteile.

So weit, so gut. Um John Cleese zu zitieren: „And now for something completely different“: Nun ging es um die Bow Windows. Ich hatte anfangs überlegt, jeden der beiden durchgehenden Erker aus einem Stück herauszuschneiden, sah aber Probleme beim Ausschneiden der Fenster. Also beschloss ich, jeden Erker aus drei einzelnen Leisten zusammenzusetzen, die jeweils mit 30-Grad-Gehrungsschnitten zu versehen wären. Bei diesen einzelnen Leisten könnte ich ohne Probleme mit der Dekupiersäge die Fenster ausschneiden, und danach müssten dann jeweils drei Leisten zu einem Erker zusammengesetzt werden.

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Leichter gesagt als getan, aber es hat dann doch einigermaßen geklappt. Um die schmalen Leisten wenigstens einigermaßen vernünftig auf Gehrung schneiden zu können, wählte ich die Bandsäge, deren Tisch ich um 30 Grad neigte. Die Schnittkanten mussten wegen des groben Bandes noch ordentlich nachgeschliffen werden. Mit Hilfe meiner Freundin Hegner sägte ich die Fenster für die beiden Etagen aus. Weil mir die ganze Sache recht fragil erschien, schnitt ich danach zur Verstärkung der Ausbuchtungen noch kleine Klötzchen mit einer entsprechenden Gehrung zurecht, die dann auch das Verleimen etwas erleichterten.

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Ich legte die so entstandenen beiden Erker auf die Platte für die Vorderfront und zeichnete den Innenausschnitt der Fensterbereiche auf der Platte nach, denn die Kollegin sollte ja auch sehen können, ob in dem Vogelfutterhotelhäuschen Gästebetrieb herrscht. Ich schnitt mit der Deku sämtliche Fenster- und Türöffnungen in die Front.

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Aus den Resten einer Douglasiendiele schnitt ich (wieder mit der Deku) das Portal für die Haustür zurecht, das ich aus zwei Lagen zusammen leimte. Im Original befindet sich oben auf dem Portal die Aufschrift „FAWLTY TOWERS“. Ich wusste erst nicht so recht, wie ich die Beschriftung machen sollte. Mit dem Pinsel und schwarzem Lack? Dafür ist meine Handschrift zu unsicher. Einfräsen und mit Lack auffüllen? Ich machte ein paar Versuche mit dem Feinbohrschleifer, der Biegewelle und ein paar dünnen Fräsern, aber das Ergebnis war alles andere als schön. Epoxy? Naaaah. Schwarzer Heißkleber? Habbichnich. Schließlich fiel mir ein Video von MHM in den Kopf, in dem Dominik ein Astloch in einer Tischoberfläche mit Schellack ausgefüllt hatte. Ich schnitt also mit der Deku und einem Rundsägeblatt Buchstaben in eine Hartholzleiste,

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besorgte mir einen schwarzen Schellack-Stick, nahm mein Eigentlich-nur-für-an-Weihnachten-das-Rechaud-Anmachen-Stabfeuerzeug mit in die Werkstatt und fing an, experimentell an einem Teststück zu zündeln. Das Ergebnis war passabel. Ich schmolz also mittels Stabfeuerzeug die Schellackstange an, ließ den weichen Schellack in die ausgesägten Buchstaben tropfen und stopfte mit einem Drahtende nach. Nach kurzer Zeit war der Schellack hart, ich holte den Überstand mit dem Stechbeitel runter und schliff anschließend die Hartholzleiste komplett über – voilà.

Ich setzte die Erker mit ein wenig D4-Leim auf die Fassade und verschraubte sie zusätzlich, wobei ich die Schrauben von der Innenseite der Fassade in die Stabilisierungsklötzchen der Erker setzte. Das Schriftbrettchen leimte ich auf den Erker, den ich anschließend ebenfalls von innen mit der Fassade verschraubte. Sah schon richtig nach was aus.

Auf den Fotos des "echten" Hotelgebäudes (inzwischen leider niedergebrannt und abgerissen) sieht man, dass zwischen den beiden Etagen eine Art dreieckiger Zierleiste rund ums Haus läuft. Diese nachzubilden war eine ziemliche Fitzelsarbeit. Ich musste erstmal eine entsprechend kleine dreieckige Leiste zurechtsägen, und da die Leiste quer über die Erker und das Portal läuft, musste ich aus der Leiste viele kleine, möglichst perfekt passende Stücke schneiden UND die dann auch noch auf Gehrung sägen. Drei Schwierigkeitsgrade auf einmal.

Das hat mich Frust und Zeit gekostet. Die Dreiecksleiste war äußerst zerbrechlich, und einiges ist mir kaputt gegangen, und natürlich bin ich ein paar mal beim Herantasten an die richtige Länge übers Ziel hinausgeschossen und durfte die Teile dann nochmal herstellen. Dass ich mich immer wieder bei der Gehrung vertan hab bedarf sicher keiner weiteren Erwähnung, mein räumliches Vorstellungsvermögen ist eher mangelhaft. Die Gehrungen überhaupt erst zu erstellen war mein größtes Problem dabei, weder die Tischkreissäge noch eine der beiden Bandsägen noch die Japansäge führte zu vernünftigen Ergebnissen. Die Lösung war dann der Bandschleifer, den ich auf der Werkbank festschraubte. Ich schnitt mir zwei Führungklötze in den Winkeln 45° und 30° zurecht, und daran führte ich die Leiste dann vorsichtig zum Bandschleifer hin und bekam so dann doch noch überraschend gut passende Gehrungsteile. Das Aufleimen der winzigen Leisten auf die Fassade war ein (Leim-)Klacks.

Die Fassade einfach nur weiß zu lackieren würde dem Vorbild nicht gerecht werden. Sie sollte schwarze Einfassungen für Fenster und Tür bekommen, und schwarze Ornamente am Portal. Ich traute mir nicht zu, einen dünnen Lackpinsel mit ausreichender Sicherheit führen zu können, und verfiel irgendwann darauf, einfach einen schwarzen Edding dafür zu nutzen. Dann wurde alles mit einer Schicht Bootslack überzogen. Den Korpus zusammenzubauen war dann netterweise wieder einfacher. Als zusätzliches Gimmick druckte ich die Konterfeis von Basil, Sybil, Polly und Manuel aus und klebte sie kreisförmig angeordnet auf eine Plexiglasunterlage.

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Mit Schraube und Unterlegscheiben von innen an der Fassade befestigt, konnten sie nun abwechselnd aus dem kleinen Fenster in der oberen Etage herausschauen.

Über das Dach hatte ich lange nachsinniert. Ich schnitt schließlich ein paar Leisten als Rahmen zurecht, der einfach flach auf der Korpusoberseite liegen sollte, und dann zwei Giebelteile. Diese Teile wurde schwarz lackiert und aufgeschraubt. Über den Erkern allerdings saß im Original so eine Art Haubenspitze – wie sollte das nun wieder gehen? Mittels Bandsäge und geneigtem Sägetisch konnte ich nach mehreren Versuchen etwas ähnliches zurechtschneiden, lackieren und aufsetzen.

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Und wie mach ich das eigentliche Dach nun?

Der schöne Buchtitel „Die Welt als Wille und Vorstellung“ ist glaube ich von Schopenhauer. Ich nehme an er hat was anderes gemeint, aber mir kommt der Titel beim Heimwerken häufig in den Sinn. Ich stellte mir vor, das Dach mit einem Stück Dachpappe zu decken, das ich einfach zurechtschneiden und irgendwie befestigen würde. Ich zog also in den Baumarkt meines Vertrauens und wollte ein kleines Stück Dachpappe kaufen, und lernte dann, dass es die nur in ziemlich großen Rollen gibt. Immerhin wies mich der freundliche Verkäufer auf die kleinen Rollen Mauerabsperrband hin – ist doch super, reicht vollkommen.

Ich stellte mir ursprünglich vor, einfach zwei Stücke davon abzuschneiden und auf die beiden Giebelstücke zu schrauben, ein schmales Stück über den First, fertig. Bei näherer Betrachtung wurde mir aber klar, dass das Zeug dann doch ziemlich durchhängen würde. Also griff ich zu zwei Reststücken 9-Millimeter-Siebdruckplatte, sägte Näherungswertgehrungen dran und wollte sie eigentlich mit den Giebelseiten verschrauben. Zum Glück warnte mich eine leise Stimme der Erfahrung aus meiner Anfangszeit, dass Bohrungen in die Stirnseite von Siebdruck oder Multiplex gerne zum Aufbrechen des Materials führen. Also Planänderung: Ich schraubte an den Innenflächen der Giebelseiten dickere Massivholz-Auflageklötzchen an, um die Dachplatten damit verschrauben zu können. Müsste doch funktionieren.

Auftritt Radio Eriwan: Im Prinzip ja. Natürlich nur, wenn der Neigungswinkel der Klötzchen und die Gehrungsschnitte der Dachplatten gut berechnet und ausgeführt wurden.

Ich werde im Leben kein Dachdecker mehr.

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Na gut, geben wir uns mit „passt stellenweise und sieht halt sehr selbstgemacht aus“ zufrieden. Jetzt nur noch die Stücke Mauerabsperrband schneiden.

Hat das mal jemand hier versucht? Das ist eine halbstabile, extrem zähe und klebrige, sandverbröselnde Masse. Das einzige Gerät, mit dem ich überhaupt so etwas wie einen Schnitt hinbekam, war eine alte kleine Metallbügelsäge, die ich sowieso ausmustern wollte. Das Zeug klebt wie Pech am Sägeblatt. Genauigkeit und Ästhetik? Fehlanzeige. Ich war froh, dass ich überhaupt 3 passende Teile herausbekam.

Dachpappenersatz aufgenagelt – naja, das ist optisch nicht so der Brüller, aber es wird wenigstens dichthalten. Nun in den Fertigungsendspurt: Häuschen auf eine Siebdruckplatte schrauben, Halterung für den Blumenkasten entwerfen auf dem das Häuschen stehen soll, vorne eine verstellbare Leiste dran um einen passgenauen Sitz zu ermöglichen.

Fertig.

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Schaut gar nicht so schlecht aus.