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Restaurierung einer 100jährigen Gehhilfe

Hogfellow
Grünschnabel
Hallo, wer kann mir sagen wie ich fachmännisch vorgehe um den Spazierstock meines schon lange verstorbenen Großvaters wieder gebrauchsfähig zu machen. Der materielle Wert des Spazierstockes ist sicher sehr gering - für mich zählt aber die unbezahlbare Erinnerung an meinen Opa. Nach seinen Erzählungen hat er bei den Kämpfen in den Ardennen im 1. WK den Stock in einem Wald entdeckt, abgeschnitten und mit nach Hause gebracht. In den 20er Jahren hatte er nach langer Suche ein passendes Rehgeweih gefunden und dann nach weiteren Jahren den Stock mit Hilfe eines Freundes zu einer Gehhilfe umgebaut. Schon als Kind hatte mich die natürlich gedrechselte Form des Stockes fasziniert. Und so habe ich den Stock vor ca. 50 Jahren vererbt bekommen. Er war damals ziemlich ramponiert, der Holzwurm hatte es sich gemütlich gemacht, der Schellack war am abblättern und der Griff war nicht besonders stabil verbunden. Schon bald beizte ich den Stock ab und vernichtete den Holzwurm.
In der Folgezeit war der Stock immer trocken gelagert ohne Farb- oder Wachsauftrag, wurde nicht mehr benutzt und in Ehren gehalten. Nun bin ich bald so alt wie mein Großvater auf dem Foto und würde gerne diesen Stock - nach einer Verlängerung um ca. 5cm - verwenden. Meine Frage nun: kann ich da selbst was tun oder kann mir jemand mit Rat und vielleicht auch Tat zur Seite stehen?

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Ich würde mich sehr freuen fundierte Antworten, Tipps und eventuell Adressen zu bekommen.
Herzliche Grüße aus Bayern
Hogfellow
12 ANTWORTEN 12

kaosqlco
Diamantmitglied
Es gab hier mal einen User: @Holzbeinschnitzer Der war tatsächlich Prothesenmacher. Ich kann mir vorstellen, dass der Dir bestimmt helfen kann. Allerdings habe ich lange nichts mehr von ihm gelesen. - Wenn er es eingestellt hat, sollte er mit meiner Adressierung eine Nachricht bekommen.
Ich selber kann Dir leider nicht helfen.

Holzpaul
Goldmitglied
Hallo Hogfellow,
da hast Du ein schönes Erbstück bewahrt. Solche Stöcke sind meist aus Rotbuche die durch das Gaisblatt (eine Würgepflanze) in ihrem Wachstum beeinträchtigt wurden und dann solche Formen annehmen. Diese findet man im Wald und die beste Zeit dafür ist mitte Februar bis mitte März da zu dieser Zeit noch laubfrei und dadurch besser zu entdecken. Durch den Naturwuchs ist jeder Stock ein Unikat.
Und nun zur Verlängerung. Willst Du den Stock zukünftig als Wanderstock nutzen? Dann würde ich Dir eine dementsprechende 5cm längere Metallspitze empfehlen.
LG Holzpaul, der mit dem Holz tanzt

arathorn76
Silbermitglied
Eine entsprechend lange Metallspitze die in ihrem Durchmesser zu handelsüblichen Gummispitzen passt war auch meine erste Idee.

Falls der Griff noch lose sein sollte würde ich diesen vermutlich mit Epoxidharz verleimen. Die aktuelle Metallmanschette wäre danach komplett ausgefüllt.
Dabei ist mir bewusst, dass eine zukünftige erneute Reparatur schwierig würde.
Alternativ könnte eine neue Manschette, optisch passend zur neuen Spitze, auch Sinn machen. Wie auch immer diese dann befestigt wird

Um das Holz zu schützen und aufzufrischen wäre ein neuer Schelllackauftrag für mich die offensichtlichste Option. Wie bei allen Oberflächenversiegelungen auf im Freien genutztem Holz müssten Schäden dann eben auch zeitnah repariert werden.
Alternativ könnte auch hier ein Kunstharz zum Einsatz kommen. Dann aber nicht nur eine Oberflächenschicht, sondern ein Stabilisierungsharz, das mittels Vakuumkammer bis in den Kern einzieht. Nachteil: der Stock würde dabei deutlich schwerer werden. Vorteil: quasi unverrottbar.
Weitere Alternative: regelmäßig ölen

Falls jetzt jemand meint, ein Erbstück mit Erinnerungswert (ohne inhärenten monetären Wert) würde durch solche Maßnahmen versaut werden würde ich kontern, dass nicht nur die Haupt-Materialien sondern auch die Familientradition des selber Machens erhalten bleibt.

Bachmaus69
Goldmitglied
Ich würde die Modfikation des Stockes so mäßig wie nur irgendmöglich vornehmen, um das alte Familienerbstück möglichst im Original zu erhalten. Wie @Holzpaul bereits erklärt hat, dürfte der Stock aus Rotbuche hergestellt sein. Entsprechend würde ich ein gewachsenes Rotbuchenstück in dem Durchmesser des Stockes nehmen und an Stelle des Gummipuffers anleimen. Zuvor allerdings den Stock unten sauber abtrennen, um eine perfekte Leimfläche zu erhalten. Da nun die Hirnholzseiten aneinandergeleimt wären, würden die Verleimung nicht sehr haltbar sein. Deshalb das anzusetzende Holzstück vor dem Verleimen mit einem 6,5 mm Bohrer durchbohren. Das Kernloch für die Holzschraube in den Stock bohren und das Ganze nach dem Leimauftrag mit einer ca. 6x100er Holzschraube anschrauben.
Nach dem Abbinden des Leimes die Holzteile durch Schleifen anpassen, sodass der Übergang keinen Versatz aufweist. Nach der Oberflächenbehandlung (Lackieren oder Ölen) den Gummipuffer wieder aufstecken.

Hogfellow
Grünschnabel
Hallo liebe Holzwürmer,
mit so einer Resonanz hatte ich wirklich nicht gerechnet und dabei ist auch noch jede Antwort konstruktiv und weiterführend. emoticon.smilie_like.titleemoticon.smilie_like.titleemoticon.smilie_like.titleemoticon.smilie_like.titleemoticon.smilie_like.title (Da habe ich leider woanders schon ganz andere Forenbeiträge gesehen). Vielen Dank an alle Beantworter.

Eure Zuschriften haben mich bestärkt, tatsächlich die Renovierung des Stockes anzugehen. Ich habe mir heute den Stock nochmals genauer angeschaut und weitere Besonderheiten entdeckt. Diese werde ich Morgen hier mit Detailaufnahmen posten und meine weiteren Fragen stellen.
Schönen Abend noch
der Schweinefreund aus Bayern

Rainerle
Diamantmitglied
Mach das bitte! Ich lese auch mit Interesse …

Hazett
Silbermitglied
für solch ein Teil .. ( mit dem Erinnerungswert ! ) würde ich einen schönen Vitrinen Platz bereitstellen !
Ohne jetzt den Befall durch Schädlinge beurteilen zu können... als techn. Lösung kommt hier eine Behandlung
mit G4 oder G8 in Frage... mit dem Werkstoff von der Voss-Chemie werden zum Teil auch morsche Holzfunde, wie
z.B. antike Schiffe konserviert .. für die Ewigkeit ! ( G4 oder G8 dringen sehr tief in Holz ein, mal Infos anfordern ! )
Was MANN machen kann... hiervon eine Kopie erstellen / anfertigen, welche dann den Zweck als Spazierstock... oder auch Gehhilfe
erfüllt !
WARUM halte ich das für eine gute Lösung ? Wer z.B. antike Erinnerungstücke sein Eigen nennt, hat zwecks Anwendung auch Kopien davon !
Gruss.....

Holzpaul
Goldmitglied
Hazett:
für solch ein Teil .. ( mit dem Erinnerungswert ! ) würde ich einen schönen Vitrinen Platz bereitstellen !
Ohne jetzt den Befall durch Schädlinge beurteilen zu können... als techn. Lösung kommt hier eine Behandlung
mit G4 oder G8 in Frage... mit dem Werkstoff von der Voss-Chemie werden zum Teil auch morsche Holzfunde, wie
z.B. antike Schiffe konserviert .. für die Ewigkeit ! ( G4 oder G8 dringen sehr tief in Holz ein, mal Infos anfordern ! )
Was MANN machen kann... hiervon eine Kopie erstellen / anfertigen, welche dann den Zweck als Spazierstock... oder auch Gehhilfe
erfüllt !
WARUM halte ich das für eine gute Lösung ? Wer z.B. antike Erinnerungstücke sein Eigen nennt, hat zwecks Anwendung auch Kopien davon !
Gruss.....


Die Gehhilfe konservieren und nur noch als Anschauungsobjekt auszustellen halte ich auch für eine gute Idee, zumal man die eventuell mindere Stabilität bei Holzwurmbefall nicht unterschätzen sollte. Allerdings finde ich eine Kopie als Ersatz herzustellen als ein großes Unterfangen da es sich um ein gewachsenes Unikat handelt. Die meisten haben schon Probleme überhaupt einen "gewendelten" Stock zu finden. geschweige einen ähnlichen. Mal abgesehen vom Horngriff.
LG Paul

Hogfellow
Grünschnabel
Hallo Freunde,
hier nun die versprochenen Detailbilder die, so denke ich für sich sprechen.
68172.attach Diese Loch hatte ich gar nicht beachtet. Es handelt sich offensichtlich eine ursprüngliche Verschraubung die gebrochen ist und durch den Messingschaft ersetzt wurde. Das Loch hat eine Tiefe von 42 mm. Das vorsichtige Ausloten mit einem 4 mm Bohrer brachte Metallspäne zu Tage sodass von einer Schraube mit 50-60 mm Länge auszugehen ist.

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Der Messingschaft ist nicht zylindrisch rund sondern angepasst an Horn bzw. Holz. Das Messingrohr ist sehr dünnwandig. Die beiden 4 mm Kupfernieten sind anscheinend die Verbindungsglieder. Ich habe die Nieten etwas nachgeklopft und eine kleine Verbesserung erreicht. Ob dies jedoch für eine normale Belastung ausreichend ist wage ich zu bezweifeln.
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Die Spalten im Holz sind zwischen 1,5 mm und 2,5 mm breit. Das zerfressene Holz ist m.E. nur oberflächlich durch abgestorbene eingewachsene Rinde entstanden. Die Stabilität hat jedenfalls dadurch nicht gelitten.
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Das ist vermutlich der leichteste Bauabschnitt: der Stock ist am Ende zylindrisch mit einem Durchmesser von 22 mm gerundet. Hier könnte man auch die Verlängerung des Stockes um 5 cm mit Hilfe einer weiteren Messinghülse realisieren.

Die größten Probleme sehe ich bei einer neuen Befestigung des Horns sowie bei der Bearbeitung des Holzes. Aber ich habe schon gesehen, dass es auch dazu schon Vorschläge gibt.

Vielen Dank für die bisherigen Beiträge die mir echt Mut machen.

Servus aus Bayern