OK, das wird jetzt eine längere Sache. Ich wollte gestern nichts mehr dazu schreiben, nicht, dass man meinte, es handle sich um einen Aprilscherz. Los geht's:
Ich kam vom Festool-Stand zum Bosch-Stand und hab versucht, mir in aller Ruhe einmal die Wand mit den Akkugeräten anzusehen (war gleich rechts meine erste und dann einzige Station). Sofort war ein hoch motivierter Bosch-Mitarbeiter zur Stelle und hat mich immer recht freundlich bedrängt, was er denn für mich tun könne. Ich gab deutlich zu verstehen, dass ich mich erst einmal umsehen wolle, aber der ließ nicht locker.
Irgendwann quetschte ich heraus, dass ich z.Z. ausschließlich grüne Bosch-Werkzeuge benutze, mir aber nach und nach professionelle blaue zulegen wolle.
[ANMERKUNG] Auch wenn die grünen Elektrogeräte innerhalb des Konzerns Müll-Status genießen, ist es ein absolutes No-Go, sich einem "grünen" Maschinenbesitzer und potentiellen (nach-Blau-Wechsel-)Kunden gegenüber entsprechend zu äußern. Da gehört statt dessen irgendein Spruch her wie "Da haben sie ihre Werkzeuge sehr gut gewählt. Mit Bosch Blau wählen sie dann nochmals eine deutliche Stufe besser." (oder so ähnlich). [/ANMERKUNG]
Und schon ging es weiter: Welches Gerät mich denn besonders interessiere, womit er mir denn eine ganz besondere Freude machen könne... Also quetschte ich weiter aus mir heraus und meinte, dass wohl demnächst ein neuer Akkuschrauber anstünde. Ich würde mit einem aus der 10,8-V-Klasse liebäugeln. Sofort holte er einen GSB (Schlagbohrschrauber) von der Wand: "Hier, halten Sie mal, schau'n Sie mal, damit können Sie bohren, schrauben und sogar in Mauerwerk schlagbohren ... Was würden Sie dafür ausgeben?"
Da ich die Preise einigermaßen im Kopf hatte, gab ich "so knapp 200 Euro" an. Und jetzt kam das Angebot, das man nicht ablehnen kann (frei nach Don Corleone): "Was halten Sie davon? Ich gebe ihnen 2 [in Worten: zwei] beliebige 10,8-V-Geräte zusammen mit 1 Akku und 1 Ladegerät für ... 179 Euro! [oder 175 EUR, ich kann mich da täuschen] ... spezielles Messeangebot" Ich war da erst mal baff, hab's Hirn ausgeschaltet und gedacht: So günstig bekommst Du das nicht wieder. Kaufen kaufen, kaufen!
Also ein zweites Gerät ausgesucht: Die neue GKS (Kreissäge). Und jetzt: "Ich leg noch einen drauf: Jedes weitere Gerät bekommen Sie von mir für 79 Euro [oder 75 EUR, auch hier kann ich mich täuschen]. Ganz besonders kann ich ihnen die neue GST (Stichsäge) empfehlen."
Äh ... Da fing es bei mir mit dem Denken wieder an. Ich kenne sowohl die Click&Go-Preise als auch deren Geräteumfang. Also hab ich nachgefragt ... ZWEI MAL, ob denn das auch wirklich seine Richtigkeit hätte. "Ja! Natürlich ... Messeangebot". Na dann, Hirn wieder aus und mich für GSB, GST und GKS entschieden.
Nun nahm er mich mit auf den Nachbarstand zur Fa. Dorner. Die als langjähriger Bosch-Partner würden die Auftragsbearbeitung durchführen. Er wollte nur noch schnell einen Werbegimmick-Rucksack holen und ich solle doch bitte nicht weglaufen. (Darum hat er im Weggehen noch zweimal gebeten... ähm.) Inzwischen hatte sich ein Dorner-Mitarbeiter zu mir gesellt, und gemeinsam warteten wir auf die Rückkehr des Bosch-Mitarbeiters. Als er dann zurück kam, begann das große Erwachen:
Der Dorner-Mitarbeiter eröffnete uns zunächst, dass GST und GKS als Neugeräte nicht in die 179-Euro-Aktion fielen. Ich erfuhr weiter, dass in dem Paket keine L-Boxxen enthalten sind, was ich aber aufgrund des "unmoralisch" genialen Preises leicht verschmerzt hätte. Der gute Bosch-Mitarbeiter tat nun recht verdutzt und ließ sich die Sachlage nochmal von dem Dorner-Mitarbeiter erklären. Der hat dazu ein Werbe-Faltblättchen herausgezogen und dem Bosch-Menschen alles gaaanz langsam und gaaanz detailliert vorgetragen. Mich ging diese Mitarbeiterschulung zwar nichts an, aber neugierig auf das Faltblättchen war ich dann schon, also hab ich ein wenig über die Schulter gelinst ... und ...
... sah von dem GSB keine Spur. Lediglich der GBS (Bohrschrauber) neben drei weiteren Geräten war dort zu finden. Also hab ich den Bosch-Mann gleich darauf angesprochen. Der war erst einmal sprachlos, behauptete sogar, er hätte mir den GBS gezeigt, was ich sofort von mir wies, denn er hatte ja explizit die Schlagbohrfunktion des Gerätes hervorgehoben. Er müsse da nochmal nachsehen, meinte er, und verschwand zurück an den Bosch-Stand.
Der Dorner-Mensch war in der Zwischenzeit nicht faul und hat zu retten versucht, was zu retten ging: Er hat mir für alle meine Wunschgeräte neue, persönliche Angebote geschrieben. Ich gebe zu, sein Angebot war gemessen an den regulären Bosch-Preisen durchaus fair, lag nun aber fast beim dreifachen des ursprünglichen Bosch-Mitarbeiter-Angebots ... und leider auch weit über meinem Budget.
Inzwischen kam der Bosch-Mitarbeiter zu uns zurück, ziemlich zerknirscht, und meinte, ich hätte recht und es täte ihm alles so furchtbar leid und er wisse gar nicht, wie das passieren konnte und und und...
Ich habe an dieser Stelle beiden Herren zu verstehen gegeben, dass ich von dem Erwerb irgendwelcher Bosch-Geräte Abstand nehmen werde, da ich das Erlebte erst einmal verdauen müsse, befinden sich doch massivste Unterschiede zwischen den beiden Angeboten. Als Entschuldigung durfte ich den Bosch-Rucksack behalten. Das war ganz gut, da ich inzwischen schon eine Menge Mitbewerber-Prospekte mit mir herum getragen habe. Und dann bin ich gegangen. Andere Töchter haben schließlich auch hübsche Mütter...
Im Nachhinein betrachtet ist diese Zwei-Parteien-Strategie eine ganz alte Masche, um Käufer zu angeln. Partei 1 wirft die Angel aus mit einem Köder, bei dem JEDER Fisch anbeißen muss. Dann wird der Fang zu Partei 2 geschleppt, die zunächst Aufklärung betreibt, während derer sich Partei 1 in Entschuldigungen ergeht (kann ja mal passieren, ist nur ein Irrtum, tut mir aufrichtig leid, passiert nie wieder). Jetzt kommt die große Stunde für Partei 2, die ein neues - deutlich schlechteres - Angebot macht, das aber immer noch knapp unter dem regulären liegt in der Hoffnung, den Fischfang endgültig an Land ziehen zu können.
Mit mir funktioniert so etwas durchaus. Aber nur bis zu einem bestimmten Punkt. Ab dem sage ich dann endgültig "Adieu" ... und zwar nachhaltig.
Abschließend möchte ich betonen, dass ich an dieser Stelle ausschließlich MEINE Erlebnisse am Bosch-Stand auf der Holzhandwerk 2014 wiedergegeben habe. Ich kann mir IN KEINER WEISE vorstellen, dass es sich hier um ein Bosch-Standard-Verfahren zur Kundenakquise handelt! Vermutlich bin ich sogar ein Einzelfall unter den vielen tausend Messebesuchern gewesen. Aber es MIR genau so wie oben geschildert passiert und daher steht auch MEINE Meinung nach wie vor: Nepper, Schlepper, Bauernfänger.