Rollstuhl für Condor
Dies ist nun aber eine längere Geschichte und ich bitte um etwas Geduld, denn es wird eine rührend, Heitere werden.
Meine Tochter schwärmte immer von einem Mops und ich war der Meinung, ein Mops ist kein Hund.
Da nahm ich eine Leinwand, Ölfarben und Pinsel und ma(h)lte erst Kaffee und dann einen Mops.
Obwohl ich der Meinung war, dass er mir gut gelungen war - sie war einfach nicht zufrieden.
Sie entschloss sich dann einen Welpen von Tschechien zu erstehen und es war Maien 2006, als die Züchter ihn brachten - und er lief zuallererst zu mir. Seitdem hat sie einen Mops und ich einen Freund. Im selben Jahr begann ich dann als Pensionslehrling einen neuen Lebensabschnitt, weil ich der Auffassung war - 45 Jahre und 2 Monate arbeiten sind genug. Ab diesen Zeitpunkt holte ich ihn fast täglich am Morgen, und wir machten unsere Runden 1-1½ Stunden, und manchmal auch ein zweites- oder drittes Mal am Tag.
Condor als Pferdeflüsterer (ca. 9 Monate alt) Das ist nicht erfunden!
Eines Morgens Ende Oktober gingen wir an den Zaun der Kaserne, hinter dem sich ein Dutzend Haflinger befand, die neugierig sich uns näherten. Ich rupfte ein Büschel Gras ab und reichte es durch die Zaunmaschen - dies wiederholte ich ein paar Mal, wobei mich Condor beobachtete und zu meinem Erstaunen nun anfing mit dem Maul Gräser zu rupfen und auch durch den Zaun zu stecken.
Am 6. Januar 2007 hatte es ca. 5 cm Neuschnee und wir gingen auch unsere Runde, die an der Kaserne vorbeiführt. Hinterm Zaun befanden sich drei Haflinger, die mit ihren Hufen im Schnee scharrten um trockene Gräser fressen zu können. Condor sah mich an, fing an mit den Pfoten Schnee wegzuscharren, rupfte einen trockenen Grashalm aus und reichte es durch den Zaun.
Eines Tages gingen wir im Wald und näherten uns einer Lichtung und in diesem Moment flog ein gelber Hubschrauber etwa 20 m über uns hinweg, worauf Condor erschrak und wild zum Bellen begann. Seitdem bellt er, wenn er einen Hubschrauber hört und wenn er eine Person mit etwas Gelben bekleidet sieht.
Eine Person "mag" er besonders gerne: immer wenn wir sie treffen schwänzelt er freundlich - sobald sie aber zwei Schritte hinter uns ist, dreht er sich um und fängt schwanzwedelnd fürchterlich zu Bellen an, wobei sie immer einen Japser macht.
Er absolvierte auch den Parcours beim Agility, doch beim Wettbewerb (26° C) verweigerte er bis zum Abpfiff - den er aber als Startbefehl annahm und den ganzen Parcours fehlerfrei hinlegte.
Bei einem späteren Besuch der Hundeschule biss ihn dann ein Golden Retriever und er verlor das linke Augenlicht. (Augapfel - noch beweglich, konnte gerettet werden.)
Eines Tages fiel mir auf, dass der rechte Hinterlauf mal aussetzte - sozusagen: er lief Unrund.
Nach einer geraumen Zeit zog er ihn nach, und das wurde immer schlimmer , ja sogar sich die Pfoten-Oberseite wundschliff. Die Diagnose: Bandscheibenvorfall und leichte Hüftdisplasie (HD).
Eine Operation müsste innert 2 Tage erfolgen, dazu war es aber zu spät.
Nun konnten wir nicht mehr die "Touren" gehen wie vorher, und wir gingen hauptsächlich nur mehr Wald- und Wiesenpfade. Doch es wurde immer schlimmer - wenn wir nach Hause kamen, suchte er sofort eine Ecke auf und zitterte. Natürlich bekam er Schmerzmittel und dann ging es ihm wieder besser - ja er tollte sogar herum wie früher.
Nach einer Beratung, ob man nun für ihn die Erlösung - für uns aber ein schmerzlicher Weg - wahrnehmen sollten, meinte der Tierarzt, dass Condor noch sehr freudige Lebenslust zeigt, denn wenn ein Hund sich aufgibt, zeigt er es an einer phlegmatischer Weise und zieht sich teilnahmslos in eine Ecke zurück.
Bei den Spaziergängen musste ich ihn nun streckenweise tragen, da er die Hinterläufe nicht mehr koordinierend einsetzen konnte.
Nun kam der Zeitpunkt wo meine Tochter eine neue Wohnung bezog, und ich nicht mehr nach dreimal Umfallen Condor abholen konnte. (Hätte immer in einen anderen Stadtteil fahren müssen.)
Während diesen Umzugstätigkeiten nahm ich ihn nun zu mir - wegen dem Stress beim Umzug den ich ihm ersparen wollte. (Da ist er auch jetzt noch und er will nicht mehr ausziehen.)
Auf dieser Weise bürgerte es sich ein, dass er morgens nicht auf mich warten und ich um eine halbe Stunde früher aufstehen musste.
Jedes Mal nach unseren kurzen "Ausflügen" massierte ich ihn und streckte seine Hinterläufe, wobei er zu meinem Erstaunen wie ein Kater schnurrte, und wenn ich nach einer halben Stunde damit aufhörte, sah er mich an und rückte näher - sozusagen: mach weiter! Erst jetzt fiel mir auf, dass er bei diesen , schon etwas kräftigen Massagen, weder zuckte, noch sich abwendete. Dies bewies mir, dass er keine Schmerzen hat, sondern er durch seine Bewegungseinschränkung sehr schnell ermüdet.
Ich hatte schon längere Zeit den Gedanken getragen, ihm einen Rollstuhl zu bauen. Seine Schmerzlosigkeit gab mir nun den Auftrieb, und meiner Tochter verkündete ich; ich bau' ihm einen Rollstuhl! Sie gab mir einen ausgedienten Babytrage- Dingsbums, da sind Alu-Rohre verarbeitet. Ihr Mann lieferte eine neuwertige Jeans - aus der er "raus gewachsen" war und so machte ich mich ans Werk. Beschreibung, siehe Projekt: "Rollstuhl für Condor".
Nachdem ich bei einer niederländischen Rollstuhlhersteller ersah, welche Maße man am "Patienten" für die Bestellung nehmen muss, war für mich alles klar. Als ich den "Rollstuhl" fertig hatte, "spannte" ich Condor in unserem Wohnzimmer ein, und der - ohne Wimpern zu zucken, lief einfach damit los.
Wir hatten schon Salzkristalle in flüssiger Form in den Augen.
Nach fast täglichen Verbesserungen am "Fahrzeug" um ja nicht seine, für ihn schädliche Körperhaltung beim Laufen, Behinderung noch zu verschlimmern, bat ich beim Chef einer renommierten Tierklinik um einen Termin. Nach einer ca. 20 minütigen Beobachtung beim Laufen (schön das Schwänzchen hoch, und sogar das Strecken beim "Lulu") , meinte der Tierarzt: sie können nach Hause fahren, anatomischer Bewegungsablauf ist in Ordnung, der Rollstuhl ist für ihn weder behindernd noch belastend. Da fiel uns aber schon ein riesiger Stein - plumps - und kein Honorar.
Natürlich gibt es in der Bevölkerung einige Menschen, die kopfschüttelnd "armer Hund" murmeln - und sogar einem 4 jährigen Mädchen von den Eltern vorgesagt wird, der gehört eingeschläfert.
Man hat da immer die Bestätigung, dass Unwissenheit vorschnell urteilt. Einer Person, die den Arm in der Schlinge trug, fuhr ich mit dem Finger zirka 5 cm an den Arm, wobei sie den Arm sofort zurückzog. Ich konnte sie mit einer kurzen, kräftigen Massage an Condor überzeugen, dass er schmerzfrei ist.
Der Großteil der Passanten beglückwünscht uns und es gibt Daumen hoch Zeichen, auch vom Auto aus.
Wir gehen nun täglich drei bis viermal (insges. 2-3 Stunden), wobei Condor wieder die Routen laufen kann, die wir früher gingen, und er entscheidet fast immer, wo wir gehen. Natürlich beachte und helfe ich immer an den Gehsteigkanten den Auf- und Abstieg. Bei Hindernisse bleibt er manches Mal hängen, hat aber den "Dreh" schon intus und macht eben diesen. Bei extreme Steigungen und natürlich Stufen, trage ich ihn. Eines kann er jetzt nicht mehr selbstständig machen - bei der Rückkehr warf er sich immer ins Gras und wälzte sich - da sieht er mich nun an und ich nehm in dann vom Rollstuhl raus. Er mag Hubschrauber und gelbe Farbe nach wie vor nicht und wenn uns ein Pferd begegnet, sieht er mich fragend an.
Loriot, der fünf Möpse hatte, meinte:
Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber - es macht keinen Sinn.
Euer Rollmops und shortyla